Uta Häberlein, 62 J., w., Deutschland
Ich, Uta: Meine liebe Mutter Erde, Gaia, du Schöne, eigentlich wollte ich Dich fragen, wie’s Dir geht. Aber das weiß ich irgendwie schon. Also anders: Bist Du wütend? Enttäuscht?
Erde: Meine liebe Uta, (Frau, wie förmlich du heute bist!) danke, dass du mich das fragst. Normalerweise sind wir zwei ja so miteinander verbunden, dass wir das Lebendige, Schöne, Lustige zwischen uns genießen, das was dich und mich schon vor gefühlten 200 Jahren verbunden hat. Deine Liebe zu allem, was auf mir herum wächst, kriecht, läuft, schwimmt, fliegt, alles Lebendige. Dass Du sogar Schnecken und Spinnen magst und rettest, sogar Asseln und Feuerwanzen. Vor Hornissen keine Angst hast und zugibst, dass Zecken und Bremsen einfach keine Chance bei dir haben…Deine Sensibilität, wenn da etwas leidet und dich zum Weinen bringen kann, wenn du nicht helfen kannst - schon als du noch ein kleines Kind warst. Oder dich wütend macht, so wütend, dass du am liebsten all die Unsensiblen, Gedankenlosen, die nur an sich selbst denken, zur Verantwortung ziehen und ihnen mal kräftig den Hintern versohlen würdest, damit sie sich selber mal wieder spüren. Was du dann doch nicht tust, aus Mangel an Möglichkeit und, weil Gewalt noch nie dein Ding war. Dann nehm ich dich mal in meine grünen, bunten und starken Baum Arme und warte, bis du wieder ruhig bist. Ja, so machen wir das schon seit Anbeginn deiner Zeit. Bist mir vertraut wie ich dir… Ne gute Frage ist das, die du mir da stellst. Enttäuscht? Nein, wundern tut mich da nichts. Was will ich anderes erwarten von einer Spezies, die sich gegenseitig das Leben nimmt, dafür sorgt, dass es mehr Kriege als friedliche Menschenansammlungen gibt und all das, was Du ja auch schon weißt… Die ewig Gestrigen, denen unterwerfende Macht und Geld wichtiger ist als das Wohlergehen der Mitmenschen, Mittiere, Mitpflanzen und aller Elemente… und das Wohlergehen meiner Wenigkeit, die euch schon immer genährt und beherbergt hat. Die ewig Morgigen mit ihrem „Immer-Schneller-Höher-Tiefer-Weiter“, für das so viel Leid und Ungleichgewicht in Kauf genommen wird. Eine Spezies, die immer noch glaubt, MEIN Nabel zu sein. Aber MEIN Nabel ist der Old Faithful! Wenn ich da mein Piercing rausnehme, dann ist für euch alle EISZEIT! Spaß beiseite, wütend macht mich das, ja, immer mal wieder… Nun hat es ein paar Jahrtausende gebraucht, um mich dazu zu bringen, meine Verbündeten zu aktivieren und meiner Wut so richtig Ausdruck zu geben. Ich bin verbunden mit allem – mit euch, mit Sonne und Mond, mit Planeten und Sternen, mit dem Universum, das so groß ist, dass es keine Grenzen kennt. Und was hier ist, auf mir, der Erde, wie ihr mich nennt – Mutter Gaia, wie du mich manchmal auch nennst – oder „Gottes schöne Erde“ oder Weltenrund, viele Namen habt ihr für mich erfunden über die Jahrtausende…. All das, was hier lebendig ist, Tiere, auch die winzigsten, Viren und Bakterien, Pflanzen, Mineralien, auch die winzigsten, die Gezeiten, alle Elemente – WasserFeuerErdeLuft - …, ja, und auch ihr Menschen (!), all das kommt AUS MIR UND VON MIR. Gäbe es mich nicht, gäbe es das alles nicht und auch euch Menschen nicht. Aber was erzähle ich dir da… Du nennst mich Große Mutter, Uta. Das ist dein Begriff für das Allumfassende, Liebende, Nährende, Segnende, Weiche, Wilde und Gut-Mächtige, das weiß ich. Danke für diesen schönen Namen. Du weißt aber auch, dass ich die „Wut-Mächtige“ genauso sein kann, wenn es mir alle paar Jahrtausende mal wieder reicht. Dann geht mir vor allem eure Spezies, mit Verlaub, ganz ehrlich am Karwendel vorbei. Und dann?
Ja dann passiert folgendes: Meine Meere, Flüsse und Seen gehen über die Ufer und schwemmen alles weg. Meine Feuer entbrennen und verbrennen alles, was in den Weg kommt. Meine Stürme fegen über alle Länder hinweg und nehmen alles mit, was keine tiefen Wurzeln hat. Meine Erde bebt, bewegt sich, bricht auf und verschluckt alles, was sie finden kann. Regen und Sonne werden unberechenbar und sind Verbündete meiner Wut. Da wo Wasser war, ist Dürre, da wo Dürre war, legen sich Schnee und Eis auf die Erde. Meine Schätze der Jahrtausende liegen offen, wo geschmolzene Gletscher sie verdeckt haben… Ich selbst bin entfesselt, Sonne, Mond und alles auf mir und um mich herum helfen dazu, und ihr Menschen mit eurer Gier ganz besonders - paradoxerweise. Warum ich das tue? Damit ein neues Gleichgewicht entsteht, eine neue Ordnung. Und diesmal überall zugleich, denn ich habe wirklich genug. Manchmal habe ich mich ja mit Einzelparzellen zufriedengegeben, diesmal nicht. Ja, ich nehme in Kauf, dass Menschen, Tiere, Pflanzen sterben. Das klingt vielleicht hart, doch es braucht für alles einen Ausgleich. Ihr habt genommen, Gleichgewicht zerstört, Ausgleich ignoriert. Nun nehme ich, räume auf, reiße ein, mache sauber und schaffe eine neue Ordnung. Auch wenn ich manche eurer Errungenschaften für sinnvoll und gut erachtet habe, sie dienen und dienten doch im Ende immer nur zu Spaltung und der Macht über mich und meine Natur, statt in Demut und Frieden, in Liebe, Freude und Fülle gemeinsam auf mir und mit mir zu leben in der einzigen Symbiose, die wir miteinander eingehen können: Die bedingungslose Akzeptanz des ewigen Kreislaufs von Geboren Werden – Leben – Sterben. Das ist eure und meine Natur. Wer das erkennt, lebt in Demut und Frieden. Da müssen wir jetzt alle miteinander durch, tut mir leid, meine Liebe. Denn eure Lebens-Mutter hat euch sehr lange, zu lange zugeschaut. Und meine Einwände wurden nicht gehört. Und ich bin ehrlich gesagt, noch lange nicht fertig und schon gar nicht müde! Bist du bereit, Uta, Freundin und unvollkommene, liebende Seele? Gehst du weiter mit mir? Und wie weit?
Ich: Ja, bin bereit. So lange ich kann. Egal, was dir noch einfällt. Und was ich noch alles gut mache oder versemmle. Ich danke dir von Herzen für alles, was du mir im Leben geschenkt hast und schenkst. Und für die Liebe, Freude und Fülle, mit der du mich jeden Morgen erfreust. Bist einfach wunderbar! Ach ja, den Spruch merke ich mir übrigens mit dem Karwendel, der ist echt gut :-)! Könnt es dir nicht auch am Mount Everest oder Himalaja vorbei gehen, die sind doch viel größer und dem Chaos angemessener, das wir hier angerichtet haben? 😉
Erde: Schon, aber der Karwendel ist hübscher. Ist mir echt gut gelungen, so klein und geschmeidig. 😉 Danke, dass du dabeibleibst! Jetzt pass aber auf dich auf und bitte auch auf mich. Und wenn ich’s zu weit treib, dann sei so gut und sag‘s mir grad heraus. Ruf und sing dann ganz laut durch den Sturm, damit ich dich höre, ok?! Ruf und sing….! Ja, ich sags dir auch, wenn du mal wieder den Wasserhahn unsinnigerweise zu lange aufdrehst….Jaja, schon gut,… Übrigens: Willst du nicht doch eine meiner Gaia Priesterinnen werden…Naja, ich mein ja nur, mit SO einer Stimme, …ok, war nur so eine Idee, überlegs dir nochmal - können wir ja wann anders nochmal reden, im Garten oder so…Also dann bis später…Hab noch ein paar andere Gespräche, bin schon gespannt, ja, deine Frage war echt gut…, erzähl ich dir dann, was die anderen gefragt haben…ja, bis später, grüß die zwei Kater, ja, hab ich gut gemacht, gell ….